16 - 50 lines of mine

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16

16

Ich sehe immer nur die 16. Ich sehe nie die Zahl, die hinter mir liegt.
„Eine Sieben", haben sie gesagt, „ist schon ein gutes Stück. Fast die Hälfte."
Ich kann nicht folgen. Vor mir blinkt einzig und allein die 16. Imaginär leuchtet sie auf einer Ampel im grellen Rot. Sie wechselt keine Farbe und stellt ihr Licht nie auf Grün. Verharrt stur und steif, von oben herab blickend auf mein müdes Ich.

Ich sehe auch nicht die Zahl, die vor mir liegt. Eine Neun. Ich könnte zufrieden sein. Schon habe ich fast die Hälfte überstanden. Die Hälfte, die mir meine Haare geraubt, meinen Magen verdreht, meinen Körper ausgemergelt und meine Hände hat tatterig werden lassen. Ich bin zur kahlschädeligen Greisin geworden. Der Spiegel offenbart mir seine Unbarmherzigkeit.

Wann ist das geschehen? Gestern? Heute? Gerade? Es passiert jeden Tag. Es ist die 16. Sie drischt auf mich ein. Unerbittlich hält sie mich mit ihren Klauen fest. Sie verschwindet nicht. Sie wird nicht weniger.
Ich will sie zerhacken, kleinstampfen, verbrennen. Aber ich bin unfähig, sie in Stücke zu teilen. Ich sehe sie immer nur als Ganzes. Dieses mächtige, mich auffressende Ding. Sie ist wie ein magischer Teufelskreis und sie brennt sich brutal in meine Eingeweide. Eine 16. Kein Kuchenrund, welches ich in 16 Stücke schnitt und von dem ich nahezu die Hälfte verspeist und wieder erbrochen habe.

Es gibt keinen Ausweg, keine Richtung, in die ich blicken könnte. Es ist die 16. Sie bleibt das Ganze.

„Ihre Betrachtung sollte sich auf das beziehen, was Sie schon geschafft haben!", sagen die Schwestern und die Ärzte. „Nicht auf die Einheiten, die noch vor Ihnen liegen."

Aber was wissen die schon von mir und den Flüssigkeiten, die sie durch meinen Körper und meine Gedärme rinnen lassen? Was wissen sie von meinen ....

 
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